Unsere Wirbelwind-Hündin Bailey kam im Alter von sieben Monaten aus einer Tötungsstation in Rumänien zu uns – ein Start ins Leben, der alles andere als einfach war. Wenn du mehr darüber erfahren möchtest, wie dieser Prozess ablief, lies unseren vorherigen Blogbeitrag „Vorbereitungen für den Hundekauf“. Doch was uns in den ersten Wochen mit Bailey erwartete, war selbst für uns eine Achterbahnfahrt.
Nach ihrer Ankunft stand uns zunächst eine einstündige Autofahrt bevor, die erstaunlich entspannt verlief – vermutlich dank Beruhigungsmitteln, denn Bailey schlief während der gesamten Fahrt. Zuhause angekommen folgten wir dem typischen „Welpen-Show“-Plan: Zuerst ging es in den Garten, damit sie sich eingewöhnen und ihr erstes Geschäft verrichten konnte. Danach machten wir eine kurze Wohnungsbegehung, bevor es Zeit für ihr erstes Dinner in unseren vier Wänden war. Ihren Schlafplatz richteten wir in unserem Schlafzimmer ein – wir wollten nicht, dass sie sich alleine fühlt.
Die ersten zwei Nächte verliefen erstaunlich ruhig. Doch danach begann der nächtliche Putzmarathon: Bailey machte nie in ihrem Schlafraum, aber in anderen Räumen der Wohnung. Mit Geduld und Routine brachten wir ihr schließlich bei, uns deutlich zu zeigen, wenn sie nach draußen musste.
So spannend und herausfordernd diese ersten Tage auch waren, das war nichts im Vergleich zu dem, was noch auf uns zukommen sollte.
Im Alltag wurde schnell klar, dass viele Dinge, die für uns selbstverständlich waren, Bailey große Schwierigkeiten bereiteten. Geräusche wie Autolärm, Flugzeuge oder andere laute Geräusche überforderten sie. Alles in ihrer neuen Umgebung war ungewohnt und löste bei ihr Angst und Unsicherheit aus.
Doch Schritt für Schritt, mit viel Geduld und Verständnis, begannen wir gemeinsam, diese Herausforderungen zu meistern. Baileys Reise hatte gerade erst begonnen.
Nach etwa zwei Wochen beschlossen wir, uns nach einer Hundeschule umzusehen. Das Angebot klang verlockend: Eine Spielstunde, nur fünf Minuten von uns entfernt. Doch das vermeintliche Abenteuer endete im Fiasko.
Schon bei unserer Ankunft hätten wir stutzig werden müssen: Der Inhaber der Hundeschule machte abfällige Kommentare über rumänische Straßenhunde und stellte sie als besonders problematisch dar. Obwohl uns sein Ton unangenehm war, blieben wir – ein Fehler.
Die Spielstunde begann damit, dass wir Bailey ableinen sollten, damit sie mit den anderen Hunden spielen konnte. Doch anstatt sich zu integrieren, lief sie nervös im Kreis und suchte weder Kontakt zu den anderen Hunden noch zu den anwesenden Menschen. Man versicherte uns, dass dies normal sei und sie einfach Zeit brauche, um sich an die neue Situation zu gewöhnen.
Die Situation eskalierte, als Bailey am Wassernapf trank. Eine Trainerin schlich sich von hinten an, um sie zu streicheln. Bailey erschrak, knurrte und reagierte mit Unsicherheit. Statt auf ihre Reaktion einzugehen, wendete die Trainerin eine fragwürdige „Korrekturmaßnahme“ an und kniff Bailey in die Seite. Das führte dazu, dass Bailey die Trainerin anbellte – für uns ein völlig normales Verhalten angesichts der Situation.
Doch es kam noch schlimmer: Der Inhaber der Hundeschule bemerkte die Szene, griff sich einen Holzstock und rannte brüllend auf Bailey zu, um sie zu „korrigieren“. Das war der Moment, in dem für uns klar war: Wir müssen hier sofort weg.
Wir versuchten, Bailey schnell einzufangen, und verließen das Gelände so rasch wie möglich. Die Ereignisse in dieser „Spielstunde“ waren nicht nur verstörend, sondern auch eine klare Lektion für uns: Nicht jede Hundeschule ist ein sicherer Ort für den Hund.
Zurück zu Hause waren wir geschockt und aufgebracht. Wie konnte eine „Hundeschule“ solch veraltete und gewaltsame Methoden anwenden? Das Vertrauen von Bailey zu uns war entweder stark beschädigt oder sogar zerstört. Wir konnten kaum fassen, was wir erlebt hatten. Gewalt statt Geduld und Vertrauen – und ein Holzstock als Trainingshilfe? Solche Methoden sind nicht nur illegal, sondern auch vollkommen unzeitgemäß.
Nach diesem Erlebnis beschlossen wir, vorerst auf den Besuch einer Hundeschule zu verzichten. Stattdessen buchten wir Einzeltraining bei einer Trainerin aus dem nahegelegenen Tierheim. Wir dachten, dass jemand mit Erfahrung im Umgang mit Hunden aus schwierigen Verhältnissen Bailey am besten helfen könnte.
Anfangs verlief das Training vielversprechend. Doch bereits nach der dritten Stunde war klar, dass es nicht funktionierte. Bailey hörte kaum, bellte die Trainerin an und war während der Sitzungen sichtlich überfordert. Es schien, als sei sie komplett auf die Trainerin fixiert und blockierte in ihrer Anwesenheit.
Wir entschieden uns, das Einzeltraining abzubrechen und das Training selbst in die Hand zu nehmen – allerdings mit einem völlig neuen Ansatz.
Statt striktem Training konzentrierten wir uns in den ersten Monaten auf Vertrauen und Alltagserfahrungen. Spaziergänge, lustige Touren durch den Wald und das Beobachten von alltäglichen Situationen standen im Vordergrund. Keine Kommandos, kein Druck – einfach Zeit zusammen verbringen und Vertrauen aufbauen.
Dieser Prozess zog sich über etwa fünf Monate hin, war jedoch nachhaltig und zeigte erste Erfolge. Bailey lernte, uns zu vertrauen, und die Angst vor ihrer neuen Umgebung nahm langsam ab.
Erst danach begannen wir mit gezielten Übungen, um ihr Grundkommandos beizubringen, die uns helfen würden, sie in schwierigen Situationen zu schützen. Dieser Ansatz hat sich bewährt – Schritt für Schritt entwickelte sich Bailey weiter.
Unser Fazit: Geduld, Liebe und Verständnis sind die wichtigsten Bausteine, um einem Hund wie Bailey eine neue, sichere Welt zu eröffnen.
Bei einem unserer täglichen Spaziergänge trafen wir auf eine Frau mit einem Tierschutzhund aus Russland. Sie erzählte uns von Mantrailing – einer Aktivität, die ihrem Hund geholfen hatte, Vertrauen aufzubauen und regelrecht aufblühen zu lassen. Unsere Neugier war geweckt, und wir wollten mehr darüber erfahren.
Wie es der Zufall wollte, bot unsere Trainerin aus dem Tierheim ebenfalls Mantrailing an. Da wir noch Guthaben bei ihr hatten, entschieden wir uns, es auszuprobieren.
Hunde besitzen eine unglaublich feine Nase, die es ihnen ermöglicht, Gerüche in hoher Auflösung wahrzunehmen. Beim Mantrailing wird diese Fähigkeit genutzt, um eine bestimmte Person zu suchen. Der Hund schnuppert an einem Geruchsträger, wie einem Kleidungsstück oder einem persönlichen Gegenstand, der Hautschuppen und andere Partikel der gesuchten Person enthält.
Sobald der Hund den Geruch aufgenommen hat, folgt er der Spur – selbst über mehrere Kilometer und auch bei älteren Spuren. Die Hunde arbeiten an einer langen Leine und führen ihren Hundeführer, der dabei das Verhalten des Hundes genau beobachtet.
Diese Aktivität fordert den Hund mental wie körperlich und stärkt gleichzeitig sein Selbstbewusstsein.
Schon in der ersten Trainingsstunde zeigte Bailey beeindruckende Fähigkeiten. Sie nahm den Geruch auf und begann zielstrebig, der Spur zu folgen. Egal, wie schwierig die Aufgaben wurden oder wie viele andere Hunde in der Nähe waren, Bailey ließ sich nicht ablenken.
Mit jeder weiteren Stunde wuchs ihre Begeisterung und ihr Selbstvertrauen. Sie gehörte schnell zu den Besten der Gruppe und meisterte selbst anspruchsvolle Szenarien mit Bravour. Wir waren unglaublich stolz, nicht nur auf ihre Leistung, sondern auch darauf, wie viel Freude sie an dieser Aktivität hatte.
Neben dem Mantrailing führten wir Bailey langsam an neue Dinge heran. Wir feierten jeden kleinen Erfolg und verstärkten jede positive Reaktion. Es war ein langer Prozess, aber mit Geduld und viel Übung machte Bailey enorme Fortschritte.
Unsere Erfahrung zeigte uns, dass es entscheidend ist, dem Hund Zeit zu geben, um anzukommen und in seinem eigenen Tempo zu lernen. Heute wissen wir: Der Weg zu einem selbstbewussten Hund führt über Vertrauen, Freude an gemeinsamen Aktivitäten und die Freiheit, Fehler machen zu dürfen.
Bailey hat mit dem Mantrailing ihre Superkraft gefunden – und wir könnten nicht stolzer auf sie sein!
Heute ist Bailey drei Jahre alt und ein fröhlicher, lebensfroher Hund. Sie hat noch ihre Ängste, aber sie meistert ihren Alltag mit Bravour – Schritt für Schritt.
◉ 1. Geduld haben:: Jeder Hund lernt in seinem eigenen Tempo.
◉ 2. Ängste ernst nehmen: Überfordere deinen Hund nicht.
◉ 3. Alltag als Training nutzen: Spaziergänge und gemeinsame Aktivitäten stärken das Vertrauen.
◉ 4. Positive Erfahrungen schaffen: : Feiere jeden kleinen Erfolg.
◉ 5. Alternativen suchen: Wenn die Hundeschule nicht passt, gibt es andere Wege.
Bailey hat uns gezeigt, dass man mit Liebe, Vertrauen und Geduld alles erreichen kann. Ihre Entwicklung vom unsicheren Angsthäschen zur stolzen Schnüffelnase war ein langer Weg, aber jeder Moment war es wert.
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