Stell dir vor, du lebst in einer wunderschönen Stadt am Meer, wo der Sommer nie zu enden scheint und das Leben in den engen Gassen bunt und lebendig ist. Klingt traumhaft, oder? Für viele Spanier, die in Städten wie Barcelona oder auf den Baleareninseln wohnen, hat dieser Traum jedoch einen Haken: Übertourismus. Was früher als wirtschaftlicher Segen galt, ist in vielen spanischen Regionen heute eine echte Herausforderung. Der Tourismus boom ist außer Kontrolle, mit spürbaren Folgen für Umwelt und Bevölkerung.
Bevor wir tief in die Problematik eintauchen, ist es sinnvoll, den Begriff etwas näher zu beleuchten. Übertourismus, oder “Overtourism“, bezeichnet die Überlastung eines Reiseziels durch eine übermäßige Anzahl von Touristen. Dies führt dazu, dass die Infrastruktur und die Ressourcen der betroffenen Städte oder Regionen an ihre Grenzen stoßen. Die Auswirkungen umfassen steigende Mieten, Umweltschäden, verstopfte Straßen, überfüllte Sehenswürdigkeiten und eine schlechtere Lebensqualität für Einheimische.
In Spanien sind besonders die großen Tourismus-Hotspots betroffen. Barcelona, Madrid, die Baleareninseln (insbesondere Mallorca) und die Kanarischen Inseln haben in den letzten Jahren eine regelrechte Touristenflut erlebt. Doch das hat seinen Preis.
Barcelona, die lebendige Metropole im Nordosten Spaniens, ist ein Paradebeispiel für die negativen Folgen des Massentourismus. Die Stadt zieht jährlich Millionen an, die von Gaudís Werken, den Gassen des Gotischen Viertels und dem mediterranen Flair begeistert sind. Doch für die Einheimischen hat diese Popularität auch Schattenseiten.
Die Mieten in der Stadt sind in den letzten Jahren drastisch gestiegen. Warum? Ferienwohnungen für Touristen, die auf Plattformen wie Airbnb angeboten werden, haben den Wohnungsmarkt regelrecht explodieren lassen. Viele Vermieter ziehen es vor, ihre Wohnungen an Touristen zu vermieten, weil sie so deutlich höhere Gewinne erzielen können als durch langfristige Mietverträge mit Einheimischen. Das Ergebnis: Die Einheimischen werden zunehmend aus dem Stadtzentrum verdrängt, da sie sich die hohen Mieten nicht mehr leisten können.
Dazu kommt der ständige Strom an Touristen, der die Stadt regelrecht lahmlegt. Die berühmten Sehenswürdigkeiten wie die Sagrada Família oder der Park Güell sind so überlaufen, dass man kaum noch einen Moment der Ruhe finden kann. Die Straßen sind voll, die öffentlichen Verkehrsmittel oft überfüllt, und in den Restaurants ist es schwer, ohne Reservierung einen Platz zu bekommen.
Das hat viele Anwohner auf die Barrikaden gebracht. Proteste gegen den Massentourismus in Barcelona sind inzwischen keine Seltenheit mehr. Im Juli 2024 gingen Tausende auf die Straße, um gegen den Übertourismus zu demonstrieren. Die Rufe „Touristen, geht nach Hause“ hallten durch die Straßen. Viele Einheimische fordern eine Begrenzung der Touristenzahlen und strengere Regulierungen für Ferienwohnungen. Die Stadtverwaltung hat bereits Maßnahmen ergriffen, um die Situation zu verbessern. Dennoch bleibt es eine Herausforderung, das Gleichgewicht zwischen den wirtschaftlichen Vorteilen des Tourismus und der Lebensqualität der Bewohner zu finden.
Mallorca, die beliebteste der Baleareninseln, ist seit Jahrzehnten ein Touristenmagnet. Traumhafte Strände, türkisfarbenes Wasser und ein mildes Klima locken jährlich Millionen Besucher auf die Insel. Doch auch hier ist der Übertourismus zu einem ernsten Problem geworden.
Die Umweltschäden, die durch die massive Anzahl an Touristen verursacht werden, sind immens. Die Strände, die einst so unberührt waren, sind jetzt oft überfüllt und verschmutzt. Der erhöhte Wasserverbrauch durch Touristen hat die Wasserversorgung der Insel unter Druck gesetzt, und die Müllberge, die jeden Sommer hinterlassen werden, sind eine echte Herausforderung für die Abfallentsorgung.
Ein weiteres großes Problem ist die Überlastung der Infrastruktur. Die Straßen sind oft verstopft, besonders während der Hochsaison im Sommer. Die öffentlichen Verkehrsmittel sind überfüllt, und die Insel, die eigentlich ein Paradies für Ruhe suchende Reisende sein sollte, fühlt sich manchmal wie ein überlaufener Vergnügungspark an.
Auch hier hat es in den letzten Jahren Proteste gegeben. Viele Einheimische fordern strengere Regeln für den Tourismus, um die Lebensqualität zu verbessern und die Umwelt zu schützen. Die Regierung der Balearen hat auf die Forderungen reagiert und Maßnahmen ergriffen, um den Tourismus nachhaltiger zu gestalten. So wurden beispielsweise Obergrenzen für die Anzahl an Kreuzfahrtschiffen eingeführt, die die Insel besuchen dürfen, und es gibt strengere Regulierungen für den Bau neuer Hotels.
Es ist klar, dass der Tourismus eine wichtige Einnahmequelle für viele Regionen in Spanien ist. Doch es muss eine Balance gefunden werden, um sicherzustellen, dass die Lebensqualität der Einheimischen und die Umwelt nicht weiter unter dem Massentourismus leiden.
Eine der wichtigsten Maßnahmen, die viele Städte und Regionen ergreifen, ist die Begrenzung der Touristenzahlen. Barcelona hat beispielsweise bereits eine Obergrenze für die Anzahl an neuen Hotels im Stadtzentrum eingeführt. Auch die Baleareninseln setzen auf ähnliche Maßnahmen, um den Tourismus besser zu regulieren.
Ein weiterer wichtiger Schritt ist die Förderung von nachhaltigem Tourismus. Das bedeutet, dass mehr Wert auf umweltfreundliche Praktiken gelegt wird, wie z.B. die Reduzierung des Wasserverbrauchs in Hotels oder die Förderung von öffentlichen Verkehrsmitteln anstelle von Mietwagen. Einige Regionen in Spanien setzen zudem verstärkt auf den Kulturtourismus und versuchen, die Touristen abseits der überlaufenen Strände und Sehenswürdigkeiten zu lenken.
Eine andere Idee, die in den letzten Jahren an Popularität gewonnen hat, ist die Saisonalität des Tourismus besser zu nutzen. Anstatt sich auf die Sommermonate zu konzentrieren, versuchen viele Städte, das ganze Jahr über Touristen anzuziehen, um die Infrastruktur gleichmäßiger zu belasten. Städte wie Madrid und Sevilla haben in den Wintermonaten besondere Kulturveranstaltungen und Festivals ins Leben gerufen, um den Tourismus außerhalb der Hochsaison zu fördern.
Der Übertourismus ist ein komplexes Problem, das nicht von heute auf morgen gelöst werden kann. Doch viele Regionen in Spanien haben erkannt, dass sie handeln müssen, um ihre Städte und Landschaften für die Einheimischen und die zukünftigen Generationen zu bewahren. Es geht darum, den Tourismus zu einer nachhaltigeren, gerechteren und umweltfreundlicheren Branche zu machen.
Für uns Reisende bedeutet das, bewusster zu reisen. Anstatt immer die bekanntesten Reiseziele zu besuchen, können wir uns überlegen, auch mal weniger frequentierte Orte zu erkunden. Zudem sollten wir respektvoll mit den lokalen Ressourcen umgehen und darauf achten, keine Spuren zu hinterlassen – sei es in der Natur oder in den Städten.
Letztendlich kann der Tourismus in Spanien weiterhin eine Erfolgsgeschichte sein, wenn es gelingt, die Interessen der Einheimischen, der Umwelt und der Touristen in Einklang zu bringen. Die kommenden Jahre werden zeigen, wie gut das Land diesen Balanceakt meistert.
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